· 

Willkommen in Syrien: Border Crossing and Bosra (Reisebericht 1/4)

Nachkriegszeit - Reisen nach Syrien sind möglich!

Syrien - jetzt oder nie. So groß mein Wunsch, dieses Land zu bereisen. Auf das Unbekannte einlassen, offen für Neues sein, bereit für menschliche Begegnungen. Neben Reisewarnungen und Schlagzeilen versuchen, objektiv zu bleiben....sich selbst ein Bild machen zu können. Erfahren, dass Syrien nicht nur Krieg und Zerstörung sind. Die Schönheit des Landes entdecken, Essen probieren, Menschen zuhören. Der Mut, Syrien zu bereisen, wurde reich belohnt. In vier kleinen Reisereporten teile ich meine Eindrücke mit euch. Hier Teil 1.

Leicht mulmiges Bauchgefühl: Noch 100 Meter bis Syrien
Leicht mulmiges Bauchgefühl: Noch 100 Meter bis Syrien

 

Khaled steht in dieser übersichtigen Schlange aus Menschen. Alle Schieben und Drängen, um schneller zu der kleinen Öffnung in dem Fenster zu gelangen. Dahinter sitzen drei Grenzbeamte und stempeln Eintrittstempel in die Pässe. Mein Reisepass hält Khaled in der Hand. Ich kann das Gedränge und das ewige Warten aus der Ferne von einem Stuhl aus beobachten. Khaled ist mein Fahrer und heute dafür zuständig, dass ich sicher von Amman nach Damaskus in Syrien gelange. Die erste große Herausforderung ist das syrische Visum.

 

Zuvor hatte ich bei der syrischen Botschaft in Amman schon versucht, alleine ein Touristenvisum zu bekommen. Bezahlt habe ich 70 USD, um nach einem Monat eine Ablehnung zu erhalten. Die Antwort kam über WhatsApp und lautete: nur mit einer gebuchten Tour über ein registriertes Unternehmen.

 

So bin ich nun also mit Fahrer – und später auch noch mit Tourguide – unterwegs. Alleine eine private Tour sozusagen. Während Khaled sich zwei Stunden dafür einsetzt, dass ich das Visum in den Pass gestempelt bekomme, finde ich die Vorteile einer Tour auch irgendwie ganz angenehm.

 

 

Warten an der Grenze, während unser Auto durchsucht wird
Warten an der Grenze, während unser Auto durchsucht wird

 

Endlich geht es weiter. Wir fahren. Zum ersten Mal auf dem syrischen Highway. In bester Qualität. Der Fahrer erzählt mir, dass die ersten Reparaturarbeiten nach dem Krieg an den Straßen und Autobahnen vorgenommen wurden. Nicht ein Loch ist zu sehen.

 

 

Der erste Halt auf dem Weg nach Damascus is Bosra. Bosra liegt in dem Regierungsbezirk Daraa, der in Abstimmung mit der Regierung von der Freien Syrischen Armee kontrolliert wird.

 

 

Ungefähr alle 5 Kilometer gibt es Checkpoints: Kofferraum auf, Pässe zeigen, Fragen beantworten, Fotos vom Nummernschild vorne, Fotos vom Nummernschild hinten. Wo ich her komme? Welches Reiseunternehmen das ist? Telefonnummer des Fahrers bitte.

 

Auf jordanischer Seite kann man noch Geld eintauschen
Auf jordanischer Seite kann man noch Geld eintauschen

 

Als wir in Bosra ankommen, klingelt auch schon das Handy. Die Sicherheitspolizei wollte nur mal nachfragen, ob wir sicher angekommen sind und es mir gut geht. Das bestätige ich dann übers Handy. Welch ein Service ! Das gibt mir ein gutes Gefühl.

 

Was gibt es in Bosra zu sehen? Das weltweit größte erhaltende römische Theater. Aus dem 2. Jahrhundert, von den Römern erbaut. Bis vor dem Krieg haben internationale Tänzer und Theatergruppen hier performt. Khaled, mein Fahrer, hat jetzt Pause. Und ich bin auf den Spuren der Römer mit Ahmad, einem Restaurantbesitzer. Seit 30 Jahren betreibt er ein Restaurant und eine kleine Herberge, unmittelbar neben dem Theater. Er hat die touristische Blütezeit miterlebt und ebenso wie sein Restaurantunter den Bomben dem Erdboden gleichgemacht wurde. 

 

Bosra - das älteste und am besten erhaltenste Theater auf der Welt
Bosra - das älteste und am besten erhaltenste Theater auf der Welt

 

Neben dem Theater grenzt noch eine antike römische Stadt. Vieles wurde vom IS zerstört, doch man kann sich das Leben der Römer und später der Byzantiner, noch richtig vorstellen. Heute ziert auch noch ein anderes historisches Andenken eine der Fassaden. Die Flagge der Opposition: Statt mit zwei Sternen, sind drei Sterne zu sehen. In Daraa haben die ersten Proteste in Syrien stattgefunden.

 

 

Die Städte in Daraa, auch Bosra, haben den Krieg besonders hart zu spüren bekommen. Kaum ein Haus ohne Einschusslöcher. Jedes zweite Haus zumindest teilweise zerstört. Man kann erahnen, wie abrupt und plötzlich der Krieg das Leben, so wie es die Menschen kannten, zerstört hat: Teilweise hängen in ausgebrannten Häusern noch die Wäsche außen an den Balkongerüsten. In einem Haus erkennt man ein Wohnzimmer. Ein Tapeziertisch ist aufgebaut. Es sollte wohl gerade renoviert werden, als die Familie fliehen musste. Kindergerüste und Schaukeln umgekippt, Freizeitparks komplett ausgebrannt. Auf einem Esstisch steht einsam eine Porzellantasse, obwohl das gesamte Dach des Hauses fehlt....

 

 

Die Flagge mit drei Sternen: Zeichen der Opposition
Die Flagge mit drei Sternen: Zeichen der Opposition

 

Heute wirkt die Stadt ruhig. Die schöne Promenade, die am Damm entlang führt, ist verwaist. Die Laternensäulen stehen noch, doch Lampen gibt es keine mehr. Khaled zeigt auf ein fehlendes Element im Geländer: “Das war ein Raketeneinschlag”. Khaleds Restaurant hat er 10m weiter wieder von Neuem aufgebaut. Wir trinken einen frischen O-Saft und er gibt mit noch einen deutschen syrischen Reiseführer. Originalverpackt von vor dem Krieg. Nach mir wartet Ahmad noch auf eine italiensche Reisegruppe. Dann wird er die gesamte Tour noch mal in fließendem Italienisch machen.

 

Khaled, ich, und der Fahrer Ahmad
Khaled, ich, und der Fahrer Ahmad

 

Besonders für mich war, dass mein Fahrer Ahmad zum ersten Mal seit 11 Jahren in Bosra war. Mit mir gemeinsam hat der das Nachrkiegs-Bosra erleben dürfen. Er war glücklich, dass in dieser Region nun Frieden ist.

 

Auf dem Rückweg fahren wir an einem der gleichen Checkpoints wieder vorbei. Diesmal kein Kofferraum-Öffnen. Nur die dringliche Frage des Soldaten: Was mein erster Eindruck ist und wie ich das römische Theater finde?”.

 

Erkundung der historischen Stätte
Erkundung der historischen Stätte

Kommentar schreiben

Kommentare: 0