Elternzeit, und los - mit Baby um die Welt
Mexiko bedeutet aktuell pure Freiheit für Katha und ihren Sohn. Sie laufen den Tag über barfuß herum, trinken frisch gemachten Papayasaft und beobachten die Pelikane beim fischen im Meer. Seit rund einem Jahr ist Katha mit ihrem zweijährigen Sohn alleine auf Tour. In wenigen Wochen
geht die Elternzeit-Reise zu Ende. Im Interview zieht sie Bilanz: Von Thailand, über Vietnam und Myanmar bis Mexiko. Und was kommt eigentlich danach? Sie teilt außerdem ihre Finanzierungs-Strategie und redet Klartext über so manches Vorurteil....als alleinerziehnde Mutter auf Weltreise.
Ourearthrocks: Hallo nach Mexiko! Wo seid ihr denn heute morgen aufgewacht und wie war euer Tag bis jetzt?
Katha: Hey nach Alemania!! Wir sind derzeit in einem kleinen Ort namens Mazunte, an der Pazifikküste Mexikos.
Unser Tag war recht entspannt und unspektakulär. Aufstehen, frühstücken, Strand, mittagessen, spielen und am Abend mit den anderen Kids aus dem Dorf draußen rumrennen, Roller fahren und toben. So sehen die meisten unserer Tage hier aus.
Ourearthrocks: Was waren denn bis jetzt eure Highlight in Mexiko?
Katha: Für mich ist gesamt Mexiko ein Highlight. Ich bin das fünfte Mal hier und es fasziniert mich jedes Mal aufs neue. Wir machen nicht den üblichen Tourikram, für mich sind Highlights eher Begegnungen, besondere Menschen oder besondere Gespräche. Wir haben tolle Leute kennengelernt, ich habe interessante Unterhaltungen geführt, neue Einblicke in mein Inneres bekommen und das ist es, was mich am Reisen am meisten fasziniert. Du lernst dich noch mal neu und von einer anderen Seite kennen. Zumidest ist das meine Erfahrung. Und jetzt mit Kind lerne ich viele andere „Freigeisteltern“ kennen und es macht Spaß sich auszutauschen und neue Ansichten zu bekommen. Ich denke auf dieser Reise ist DAS mein Highlight (neben der Zeit mit meinem Sohn): mein Mindset als Mutter zu definieren und zu festigen.
Ourearthrocks: Was genau bedeutet für dich "Freigeist-Eltern"?
Katha: Eltern, die nicht nur der gesellschaftlichen Meinung folgen... sondern sich selbst informieren und selbständig entscheiden. Das betrifft zum Beispiel auch das Thema "Impfungen". Freigeist-Eltern sind für mich auch Eltern, die vielleicht ein Familienbett haben, ihr Kind auf Augenhöge erziehen....dem Kind eine Meinung zugestehen und alternative Erziehungs- und Schulmodelle in Anspruch nehmen. Als ich drei Jahre Elternzeit eingereicht habe, schüttelten die meisten Menschen nur mit dem Kopf: "Wie willst du wieder Fuß fassen?"; "wofür hast du studiert"; "dein Kind wird insozial, wenn er nicht in die Kita kommt."
Mexiko empfängt Kinder mit offenen Armen
Ourearthrocks: Du reist ja mit deinem zweieinhalbjährigen Sohn. Würdest Du sagen Mexiko ist kinderfreundlich?
Katha: Absolut!!
Ourearthrocks: Woran machst du das fest?
Katha: Die Mexikaner sind Großfamilien gewohnt. Viele leben noch mit mehreren Generationen unter einem Dach. Kinderlärm gehört einfach zum Leben dazu. Mein Sohn wird wirklich überall mit offenen Armen empfangen, ob hier in Mazunte oder in großen Städten wie Cancun. Fremde lächeln ihn auf der Straße an, streicheln ihn im vorbeigehen über den Kopf und mir wird immer geholfen, wenn ich in den Bus steige mit Sack und Pack oder mal eine Hand brauche, die mir die Tür aufhält.
Ourearthrocks: Habt ihr auch Länder bereist, in denen es nicht so gut lief, also die vielleicht weniger kinderfreundlich waren?
Katha: Ich habe durchweg gute Erfahrungen gemacht. Am Kinder“unfreundlichsten“ war vielleicht Myanmar. Jedoch nicht wegen den Menschen (die waren klasse!), sondern aufgrund der noch nicht gut ausgebauten Infrastruktur. Es ist mühsam innerhalb des Landes zu reisen, was mit einem Kleinkind (mein Sohn war 1,5) durchaus Nerven kosten kann. Da sind fortschrittlichere Länder wie Thailand oder Mexiko natürlich leichter. Hier kommst du easy auch mit Karre und Rucksack von A nach B. Das ging in Myanmar nicht so einfach. Mit einem älteren Kind oder einem zweiten Erwachsenen sieht das aber auch schon wieder anders aus. Ich würde noch mal hinfliegen, wenn mein Sohn etwas älter ist und dann mehr mit dem Bus durchs Land reisen.
Ourearthrocks: Wie würdet ihr eure Art zu reisen am treffendsten beschreiben?
Katha: Hauptsache wir sind zusammen und es ist warm :)
Reiselust & Not - wir machen das einfach
Ourearthrocks: Ihr seid nun schon über ein Jahr unterwegs. Welche Länder habt ihr bereist, wo seid ihr gestartet?
Katha: Wir sind im Januar 2020 in Bangkok gestartet. Nach ein paar Wochen Thailand waren wir einen Monat in Myanmar und dann etwa einen Monat in Vietnam. Ende März sind wir zurück nach Thailand geflogen und sind bis Ende August auf Koh Phangan geblieben. Aufgrund von Corona waren alle (umliegenden) Ländergrenzen ja zu. Ende August ging es dann einmal auf die andere Seite nach Mexiko. Joa, und hier sind wir nun. Ich wäre gern noch über Malaysia nach Indonesien gereist, doch das heben wir uns aufgrund der aktuellen Situation für die nächste Reise auf.
Ourearthrocks: Was war deine Motivation mit Kind alleine auf Reisen zu gehen?
Katha: Die Entscheidung war eine Mischung aus Reiselust und Not. Ich bin in einem festen Arbeitsverhältnis und habe 3 Jahre Elternzeit genommen. Mein Elterngeld habe ich mir auf 2 Jahre aufteilen lassen. Für mich kam von Anfang an nicht in Frage meinen Sohn fremdbetreuen zu lassen, solange er noch nicht reden kann.
Ourearthrocks: Also finanzierst du die Reise überwiegend von deinem Elterngeld?
Katha: In Deutschland reicht das Elterngeld kaum für die Umkosten. Also habe ich einiges verkauft, habe mein Kind geschnappt und bin los. Wir leben von etwa 1000 Euro im Monat, mal etwas mehr, mal etwas weniger. Hier in Mazunte ist das Leben spottbillig. Ich zahl um die 130 Euro Miete im Monat für unser Zimmer mit Küche und eigenem Bad. Wären wir in Deutschland geblieben, hätte ich mir die 3 Jahre Elternzeit wahrscheinlich nicht leisten können.
Ourearthrocks: Und in deinem dritten Jahr Elternzeit bekommst du kein Elterngeld mehr.....
Katha: Ja das stimmt....auf unsuerer Reise betrifft das ca. 5 Monate, in denen ich kein Geld mehr bekomme. Gerade leben wir deshalb von meinem Ersparten. Davon habe ich auch im Vorfeld die Krankenkasse sowie die Hinflüge bezahlt. Ich bin ein Mensch, dem Reserven wichtig sind. Ich möchte immer die Gewissheit haben, jeder Zeit einen Flug nach Hause buchen zu können, wenn ich das möchte.
Das ganze Gepäck trägt man alleine....
Ourearthrocks: Reisen alleine mit Kind. Was hättest du ohne Kind auf dieser Reise vielleicht gar nicht entdeckt?
Katha: Eine menge Spielplätze und ne menge cooler Eltern :)
Ohne Kind hab ich in Dorms übernachtet, war viel feiern und hab abenteuerliche Ausflüge gemacht. Jetzt gehe ich um 21 Uhr ins Bett und gucke Paw Patrol. Alleine mit einem kleinen Kind ist es komplett anders. Nicht besser, nicht schlechter, einfach komplett anders. Ich genieße es sehr dieses Land nun aus einer neuen Perspektive zu sehen.
Ourearthrocks: Ich glaube viele Eltern haben sehr großen Respekt davor, mit ihrem Kind alleine zu reisen. Es gibt keine Verschnaufpause. Den Weg zum Hotel navigieren, ein weinendes Kind beruhigen und vielleicht gleichzeitig noch (während man das ganze Gepäck alleine trägt) in der fremden Währung das Abendessen am Straßenrand bestellen....Gibt es Momente, in denen dir alles zu viel wurde oder du dir eine zweite Betreuungsperson wünscht?
Katha: Egal ob in Thailand, Myanmar oder in Deutschland - ich bin überall alleinerziehend. In den letzten 2,5 Jahren hatte ich genau vier Stunden für mich alleine. Ich bin es also gewohnt. In Deutschland wohnt meine Familie auch weiter weg, es bricht mir also keine helfende Hand weg, wenn wir reisen. Im Ausland ist es teilweise sogar einfacher, denke ich, da wir den ganzen Tag draußen sind und ich meinen Sohn hier weniger beschäftigen muss, als in einer Wohnung. Er kann hier den ganzen Tag alles erkunden und frei rumrennen, das nimmt mir natürlich einiges ab. Sicher ist es auch anstrengend alleine, doch das habe ich mir ja für die ersten drei Jahre selber so ausgesucht.
Ourearthrocks: Welchen Tipp kannst du anderen Eltern geben, die planen alleine mit Kind zu reisen?
Katha: Zum Thema alleine Reisen mit Kind hat mir auf jeden Fall Facebook geholfen. Es gibt diverse Gruppen zu dem Thema, in unterschiedlichen Sprachen. Dort konnte ich viele meiner Fragen vorab klären und es machte mir Mut andere Eltern zu sehen, die alleine mit ihrem Kind unterwegs sind oder waren. Es macht einen riesen Unterschiedlichen, ob du alleine mit einem Kind reist, oder, ob noch ein zweiter Erwachsener dabei ist. Du trägst nicht nur alle Koffer und alle Kosten alleine, sondern bist auch mit deinen Ängsten, Zweifeln und überfordernden Momenten alleine. Deshalb empfehle ich jedem, der/die alleine mit Kind reisen möchte, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, statt mit Reisefamilien. Denn es ist etwas komplett anderes. Für mich war es die absolut richtige Entscheidung, doch das muss natürlich nicht für jede/n so sein. Wer es jedoch gerne machen möchte: Trau dich!! Wenn's dir nicht gefällt, fliegst du eben wieder nach Hause.
Das Ende der Reise naht
Ourearthrocks: Thema Sicherheit: In wie fern evaluierst du die Sicherheitslage in Ländern vorab? Und welchen Tipp kannst du anderen Eltern zum Thema „Alleine reisen mit Kind“ geben?
Katha: Ich bin von Natur aus kein besonders ängstlicher Typ und bin auch schon viel alleine gereist. Über Sicherheit habe ich mir nicht viele Gedanken gemacht. Südostasien war für mich neu, also habe ich viel darüber gelesen. Ich denke, das ist immer gut: Wenn dir etwas Angst macht, interessiere dich dafür. Es gibt mir eine gewisse Sicherheit, wenn ich etwas über Land und Leute weiß, mir einige Orte bekannt sind und ich eine Ahnung habe, wie ich im Land von A nach B komme.
Ourearthrocks: Ende März geht es für euch zurück nach Deutschland. Was habt ihr bis dahin noch vor? Was möchtest du deinem Kind unbedingt noch zeigen?
Katha: Wir bleiben bis Ende März hier in Mexiko. In Mazunte ist die Zeit im Januar 2020 stehen geblieben :) Das heißt: keine Masken, keine Einschränkungen, kein Corona. Ich möchte in dieser Normalität so lange wie möglich bleiben, bevor uns in Deutschland die Einschränkungen erwarten. Bis dahin möchte ich ihm unbedingt noch weiterhin zeigen, wie sich Freiheit anfühlt. Wie schön es ist den ganzen Tag barfuß zu laufen, wie lecker frischer Papayasaft schmeckt und wie Pelikane Fische aus dem Meer fangen. Ich möchte weiterhin, dass er laut sein darf, dass er rumrennen kann, dass er mit dieser wundervollen kindlichen Neugier alles um sich herum entdeckt. Ich möchte dasitzen und diese kostbaren, nie wiederkehrenden Momente einfangen, in mein Herz schließen und genießen.
Definitiv kein 9 to 5 Job mehr
Ourearthrocks: Was nehmt ihr aus diesem Abenteuer mit ins weitere Leben?
Katha: Ich nehme für mich auf jeden Fall mit, dass ich ortsunabhängig arbeiten möchte, um weiterhin viel Zeit mit meinem Sohn verbringen zu können. Ein „9 till 5 Job“ kommt auf lange Sicht nicht mehr in Frage. Ich möchte in den kommenden Jahren gerne noch mehr mit ihm reisen und noch viele Orte dieser wunderbaren Erde entdecken. Ich denke, dass es auch für Kinder ein wahres Geschenk ist so viel Zeit und Aufmerksamkeit von uns zu bekommen. Ich bin gespannt was die Zukunft bringt :)
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